Partnervermittlung für Zootiere
Im Zoo Zürich ist eine neue Papageienart eingezogen: die Rotschwanzamazone. Ziel ist, dass das Weibchen und das Männchen einst für Nachwuchs sorgen. Das klingt einfach – ist abseits des «Liebespaars» aber mit viel Koordinationsarbeit verbunden. Was dahinter steckt, erklären wir hier.
Seit Kurzem leben zwei Rotschwanzamazonen bei uns im Exotarium – ein Männchen und ein Weibchen. Die ganz grosse Liebe ist es noch nicht zwischen den beiden, aber schon mal eine gute Freundschaft. Sei teilen bereits höflich das Futter und es herrscht Harmonie.
Für Basil von Ah, Kurator im Zoo Zürich und Zuchtbuchführer der Rotschwanzamazonen, heisst das: Matching grundsätzlich geglückt. «Es läuft sehr gut. Die Vergesellschaftung hat auf Anhieb geklappt und ich bin zuversichtlich, dass wir uns in Zukunft über Küken für den Arterhalt freuen dürfen.
Video: Zoo Zürich, Nicole Schnyder
Dieser nächste Schritt – Paarung und Aufzucht von Jungtieren – wird indes noch etwas Zeit benötigen. Denn mit seinen drei Jahren ist das Männchen noch jung, die Damenwelt noch nicht das dominierende Thema. Das Weibchen ist zwar bereits acht, muss sich aber erst noch im neuen Zuhause einleben. Sie reiste erst Ende Oktober in den Zoo Zürich an. Das Männchen ist bereits seit Mai da.
Kleiner und gefährdeter Lebensraum
Rotschwanzamazonen sind etwa 30 bis 40 Zentimeter grosse Papageien, die vor allem durch ihr leuchtend grünes Gefieder und ihren bunt gefärbten Kopf auffallen. In der Natur kommen sie nur in einem kleinen Küstenstreifen im Süden Brasiliens vor. Ihr Lebensraum ist durch zahlreiche menschliche Einflüsse gefährdet.
Kommt sich langsam näher: das Rotschwanzamazonen-Paar im Exotarium. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Besonders gravierend ist der Verlust von Nistplätzen. Rotschwanzamazonen bevorzugen Baumhöhlen, um ihre Jungen aufzuziehen. Diese befinden sich meist in sehr alten und grossen Bäumen. Das Holz dieser Bäume ist wiederum ein begehrter Rohstoff. Aber auch Wilderei und illegaler Handel haben den Bestand der Vögel in den vergangenen Jahrzehnten stark dezimiert.
Dank intensiver Artenschutzbemühungen, insbesondere durch das Aufhängen künstlicher Nisthöhlen, konnten sich die Bestände in den vergangenen Jahren etwas erholen. Die Papageienart gilt aber weiterhin als potenziell gefährdet, weshalb die Zucht in Zoos nach wie vor eine wichtige Rolle beim Schutz dieser Tierart spielt
Ein gutes Zeichen: Herr und Frau Rotschwanzamazone teilen sich bereits das Futter. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Fünf Zuchtbücher in Zürcher Hand
Neben dem Zuchtbuch für die Rotschwanzamazone koordiniert der Zoo Zürich auch die Zucht für vier weitere Arten: Arabische Oryx, Galapagos-Riesenschildkröte, Impala und Kubataube.
International koordinierte Zuchtbücher sind sowas wie die «Partnervermittlung» für gefährdete Tierarten (hier anschaulich beschrieben von Zoodirektor Severin Dressen: Giraffen-Tinder). Sie sind immens wichtig im Artenschutz.
Für den Aufbau einer stabilen Population ist genetische Vielfalt entscheidend. Das Zuchtbuch gibt Auskunft darüber, wer zu wem passt.
Der Zoo Zürich koordiniert seit Kurzem das Europäische Zuchtbuch für die Rotschwanzamazone. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Genetische Vielfalt ist entscheidend
Die Zuchtbuchführer*innen orientieren sich bei ihrer Arbeit an den Vorgaben der EAZA, der Europäischen Zoovereinigung. Das Ziel der EAZA und ihrer Europäischen Erhaltungszuchtprogramme (EEP) ist, sich selbst erhaltende und stabile Zootierpopulationen aufzubauen – was nur gelingt, wenn die genetische Variabilität hoch ist.
Nebst der eigentlichen Nachzucht gefährdeter Tierarten können Zuchtprogramme auch andere Aufgaben haben wie beispielsweise die Forschung, den Naturschutz oder die Wissensvermittlung.
Auch für diese Art koordiniert der Zoo Zürich das internationale Zuchtbuch: Galapagos-Riesenschildkröte. Foto: Zoo Zürich, Samuel Furrer
Ziehen am gleichen Strick
Alle Anstrengungen zum Aufbau stabiler Zootierpopulationen sind Teil des sogenannten One Plan Approach (OPA) der Welt-Naturschutzunion IUCN. Die Idee hinter dem OPA ist es, Artenschutz ganzheitlich anzugehen. Sprich: alle Beteiligten miteinander zu vernetzen, Wissen auszutauschen und Schutzmassnahmen gemeinsam umzusetzen. Die erfolgreiche Zucht in Zoos und der Aufbau stabiler Populationen ist dabei eine wichtige Stellschraube.
Mehr Infos zum OPA gibt es in dieser Kolumne:
Weitere Arten, für deren Zuchtbücher der Zoo Zürich verantwortlich zeichnet: Impala ... Foto: Zoo Zürich, Marco Schaffner
... Kubataube ... Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
... und Arabische Oryx. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Neuer Lebensraum
Die Rotschwanzamazonen leben vorderhand im Exotarium. Sobald die neue Pantanal Voliere fertiggestellt ist, werden sie dann in diesen rund 11'000 Quadratmeter grossen Lebensraum umziehen.