Erdmännchen besser verstehen
Unsere Erdmännchen in der Lewa Savanne erhalten derzeit Besuch von zwei Forscherinnen. Sie zeichnen Töne auf, spielen Töne ab und hören und schauen dabei genau hin. Was es damit alles auf sich hat, berichten wir hier – mit gleich drei Videos.
Bellen, knurren, pfeifen oder zirpen: Wenn Erdmännchen an ihren Wachposten Gefahr wittern, warnen sie gut hörbar ihre Artgenossen. Die Kommunikation spielt bei den sozialen Tieren eine entscheidende Rolle für das Überleben, innerhalb des Gruppenaufbaus und zur Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen.
In unserer Lewa Savanne hören derzeit zwei Forscherinnen der Universität Zürich besonders genau hin, wenn sich die Erdmännchen untereinander mitteilen. Die Forscherinnen gehören zur Forschungsgruppe der Verhaltensbiologin Prof. Marta Manser vom Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaft der Universität Zürich. In einer Forschungskooperation mit dem Zoo Zürich widmen sie sich zwei Untersuchungen zur Erdmännchen-Kommunikation.
Thema 1: Jugendsprache
Masterstudentin Anja Diefenbacher erklärt, wie sie bei den Erdmännchen im Zoo mit dem Mikrofon auf Tonjagd geht und was sie dabei herausfinden will. Video: Zoo Zürich, Nicole Schnyder, UZH Faculty of Science
Die Rufe junger Erdmännchen unterscheiden sich stark von den Rufen erwachsener Tiere. Im Detail weiss man zum Stimmenrepertoire junger Erdmännchen aber noch nicht viel.
Kommunizieren die Jungtiere mehr oder weniger als die Erwachsenen? Entwickelt sich aus einem einfachen Rufton eine Rufkombination mit spezifischer Funktion?
Lauschangriff: Masterstudentin Anja Diefenbacher fängt mit dem Mikrofon die Töne junger Erdmännchen in der Lewa Savanne im Zoo Zürich ein. Foto: Zoo Zürich, Nicole Schnyder
Um Antworten auf diese und weitere Frage zu finden, zeichnet Masterstudentin Anja Diefenbacher bei den Erdmännchen im Zoo und an der Uni mithilfe eines Mikrophons deren Ruftöne auf. Und zwar jene der Tiere im Alter ab Geburt bis etwa vier Monate.
Diefenbachers Ziel ist es, besser zu verstehen, wie sich die Erdmännchen-Ruftöne in den ersten vier Lebensmonaten verändern. Zudem vergleicht sie, ob es Unterschiede gibt zwischen verschiedenen Würfen und zwischen den Tieren an verschiedenen Untersuchungsstandorten.
Thema 2: Fremdsprachenkompetenz
Doktorandin Nikola Falk erklärt, wie sie über das Abspielen verschiedener Alarmrufe die «Fremdsprachenkompetenz» von Erdmännchen untersucht. Video: Zoo Zürich, Nicole Schnyder; UZH Faculty of Science/billionwords/Designers’ Club
Warnruf ist nicht gleich Warnruf bei den Erdmännchen. So geben sie zum Beispiel andere Töne von sich, wenn die Gefahr aus der Luft naht als vom Boden.
Erdmännchen reagieren aber nicht nur auf die Warnrufe ihrer Artgenossen, sondern auch auf die Tonsignale anderer Tierarten – also sozusagen auf «fremdsprachige» Warnrufe. Diesem Thema ist die Doktorandin Nikola Falk auf der Spur.
Fremdsprachenverständnis: Doktorandin Nikola Falk misst im Zoo die Reaktion der Erdmännchen auf die Rufe von nahverwandter Mangustenarten. Foto: Zoo Zürich, Nicole Schnyder
Falk will verstehen, wie Erdmännchen (fremde) Alarmrufe erkennen. Dazu beobachtet sie im Zoo die Reaktion der Erdmännchen auf die Rufe nahverwandter Mangustenarten.
Falk untersucht dabei nicht nur Rufe von Arten, die in der Natur im selben Lebensraum wie die Erdmännchen zu Hause sind, sondern auch von Arten aus anderen Lebensräumen. Sie will so herausfinden, ob bestimmte Alarmrufe universell sind, oder ob Erdmännchen die Rufe anderer Arten im gemeinsamen Lebensraum erlernen.
Achtung Jugendsprache: Auch bei den Erdmännchen kommunizieren erwachsene und junge Tiere unterschiedlich. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Grössere Stichprobe
Dank der Erdmännchengruppe im Zoo können die beiden Forscherinnen die Stichprobengrösse ihrer Untersuchungen erhöhen. Sie forschen gleichzeitig auch mit der Erdmännchengruppe an der Uni Zürich und mit wildlebenden Erdmännchen in der Kalahari-Wüste.
Prof. Marta Manser erklärt, wie Erdmännchen kommunizieren und weshalb die Zoo-Gruppe wertvoll ist für die Forschung. Video: Zoo Zürich, Nicole Schnyder; UZH Faculty of Science/billionwords/Designers’ Club
Marta Manser, die hinter den beiden Forschungsprojekten steht, ist weltweit eine der führenden Erdmännchen-Expertinnen. Sie beschäftigt sich schon seit dreissig Jahren wissenschaftlich mit den kleinen Raubtieren.
Neben ihrer Tätigkeit an der Uni Zürich ist Manser Forschungsleiterin des «Kalahari Research Centre» in Südafrika. Der Zoo Zürich hat sich dort am Landkauf eines benachbarten Grundstückes beteiligt, um das Forschungsgebiet zu erweitern.
Forschungsgebiet erweitern: Der Zoo Zürich unterstützt die Erforschung der Erdmännchen auch in der Natur und hat sich hierzu an einem Landkauf in der Kalahari-Wüste beteiligt. Foto: Universität Zürich, Dominik Behr
Forschung im natürlichen Lebensraum: Eine Forscherin bei der Arbeit im Kalahari Research Centre in Südafrika. Foto: Universität Zürich, Dominik Behr
Forschung als Kernaufgabe
Mit seiner Beteiligung an diesem Landkauf unterstützt der Zoo die Erdmännchen-Forschung nicht nur mit den Projekten im Zoo, sondern auch im natürlichen Lebensraum der Tiere. Denn die Forschung ist eine der vier Hauptaufgaben des wissenschaftlich geführten Zoo Zürich, neben dem Naturschutz und Artenschutz und der Edukation.
Erdmännchen an einem Wachposten im Zoo Zürich. Foto: Zoo Zürich, Nicole Schnyder
Zoo-Erdmännchen seit 2020
Der Zoo Zürich hält Erdmännchen seit der Eröffnung der Lewa Savanne vor drei Jahren. Im Zoo wie in der Wildnis legen Erdmännchen Erdbauten an. Dort finden sie Schutz, schlafen sie und ziehen sie ihre Jungtiere auf.
Muntere Truppe: die Erdmännchen-Gruppe im Zoo Zürich. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Erdmännchen haben ein ausgeprägtes Revierverhalten. In ihrem natürlichen Lebensraum, Gras- und Buschland im Süden Afrikas, müssen die «Wächter der Wüste» Gebiete von bis zu fünfzehn Quadratkilometern überwachen und verteidigen.
Mindestens ein Erdmännchen besetzt jeweils einen Wachposten. Mit unterschiedlichen Lauten informieren es die andere Tiere über Gefahren.