Papageien retten im Pantanal – ein Job für Hartgesottene
59 neu montierte Nistkästen; 2506 Kontrollbesuche an 326 Nestern; 59 grossgezogene Jungtiere, die die bestehende Population im Pantanal erweitern – so lautet die Bilanz der letztjährigen Brutsaison der Naturschutzorganisation Arara Azul in Brasilien, die der Zoo Zürich mit Spendengeldern unterstützt. Das ist voller Einsatz für den Artenschutz!
Und zwar für sie: Hyazintharas – mit bis zu einem Meter Länge sind sie die grössten und für viele Menschen auch schönsten der weltweit gut 350 verschiedenen Papageienarten. Ihr Gefieder erstrahlt in knalligem Kobaltblau mit feinen kleinen Akzenten in Sonnengelb an Schnabel und Augen. Dazu dezent schwarze Krallen, ein schwarzer Schnabel und schwarze Knopfaugen. Viel schöner und eleganter hätte die Natur Hyazintharas kaum erschaffen können. Doch genau das wurde den Papageien in der Vergangenheit zum Verhängnis.
Das Gefieder der Hyazintharas leuchtet kobaltblau dank eines physikalischen Tricks. Eigentlich sind ihre Federn schwarz. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
papageien als haustiere
Während der 1980er Jahre nahm der Bestand der Tiere in der Wildnis dramatisch ab. Schätzungsweise 10'000 Vögel wurden damals für den illegalen Tierhandel gefangen. Sein auffälliges Äusseres und seine Grösse machten den Hyazinthara zu einem beliebten Haustier für Vogelliebhaber auf der ganzen Welt. Hinzu kamen und kommen noch immer der Verlust von Lebensraum und Wilderei. Heute existieren noch etwa 4300 wildlebende ausgewachsene Tiere. Die grösste noch bestehende Population an Hyazintharas lebt im Pantanal, dem grössten Binnen-Feuchtgebiet der Erde, gelegen mitten im Herzen von Südamerika.
Und genau dort im brasilianischen Teil des Pantanal ist auch das «Instituto Arara Azul» angesiedelt – eine Naturschutzorganisation, die sich seit 1990 für den Erhalt und Schutz der Hyazintharas im Speziellen und den Schutz des Pantanal-Lebensraumes ganz generell einsetzt. Seit 2020 unterstützt der Zoo Zürich Arara Azul finanziell mittels den gesammelten Naturschutzgeldern. Das Geld fliesst dabei unter anderem in Nistkästen.
Künstliche Nisthilfen sichern den Bestand der Hyazintharas im Pantanal in Brasilien. Foto: Instituto Arara Azul
Überleben nur dank Nistkästen
Hyazintharas ziehen ihre Jungen in Baumhöhlen auf. In Frage kommen aber nur ausreichend grosse Höhlen und solche finden sich wiederum nur in wenigen Bäumen. Meist nutzen die Vögel seit Generationen bestehende Höhlen in mindestens 60 Jahre alten Manduvi-Bäumen. Durch Abholzung und Waldbrände gibt es immer weniger dieser alten Bäume und damit auch immer weniger Nisthöhlen. Der aktuelle Bestand wildlebender Hyazintharas kann heute daher nur gehalten, teilweise leicht erhöht werden, weil künstliche Nisthilfen zum Einsatz kommen und die Nester überwacht werden.
59 Nistkästen hat das Team von Arara Azul im vergangenen Jahr installiert. 326 Nester – künstliche wie natürliche – hat das Team überwacht und diese dafür insgesamt 2506 Mal während der Brutsaison aufgesucht. Ein immenser Aufwand. Insbesondere weil die Nester meist alles andere als leicht zu erreichen sind. Dafür nehmen die Mitarbeiter*innen stundenlange Fahrten in unwegsamem Gelände auf sich, durchqueren Flüsse und Bäche und legen die letzten Kilometer oftmals zu Fuss zurück – quer durch Sumpfgebiet und überschwemmte Flächen bei Temperaturen, die in den Sommermonaten bis zu 40°C erreichen. Doch der Aufwand lohnt sich.
59 neue hyazintharas
59 Jungvögel haben die schwierige letztjährige Brutsaison überlebt und sind flügge geworden. 87 % von ihnen wurden in künstlichen Nisthilfen aufgezogen. Weil die Regenzeit bereits zwischen August und September einsetzte, statt wie üblich erst im Oktober, fiel der Höhepunkt der Eiablage der Hyazintharas wortwörtlich ins Wasser. Dadurch gab es nicht nur insgesamt weniger Brutaktivität, auch die Startbedingungen für die frisch geschlüpften Küken waren schwierig. Umso erfreulicher ist der erreichte Populationszuwachs.
59 neue Hyazintharas – das mag nach wenig klingen. Tatsächlich ist jedes Tier, das die bestehende Population vergrössert, wertvoll und wichtig. Steter Tropfen höhlt den Stein. Und so wird der Zoo Zürich seine Partnerschaft mit Arara Azul in den kommenden Jahren fortführen.
pantanal voliere setzt neue massstäbe
Dazu dient auch der Bau der Pantanal Voliere. Sie wird, wie bereits der Masoala Regenwald oder auch die Lewa Savanne, ein Mini-Lebensraum-Zwilling des Originals und so auf die Bedrohungen vor Ort aufmerksam machen. Bereits heute beherbergt der Zoo Zürich zudem die grösste Hyazintharazucht der Welt.
Die Hyazintharas, die derzeit im Ornis im Zoo Zürich gezüchtet werden, fliegen künftig durch die Pantanal Voliere. Foto: Zoo Zürich, Jennifer Schwere
Die im Ornis gezüchteten Tiere werden später auch in der neuen Voliere zu sehen sein und können dort ihr natürliches Verhalten ausleben. Dies ermöglicht die Erforschung der Art unter kontrollierten Bedingungen und wird unter anderem neue Erkenntnisse rund um das Brut- und Aufzuchtverhalten der Papageien liefern.
Schon jetzt finden verschiedene Forschungsprojekte im Ornis statt. Das so erzeugte Wissen kann dazu genutzt werden, die Artenschutzmassnahmen auch vor Ort im Pantanal weiter zu optimieren – damit der kobaltblaue Hyazinthara nicht nur im Zoo, sondern auch im Pantanal-Feuchtgebiet überlebt.