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  • Asiatischer Elefant Umesh im Kaeng Krachan Elefantenpark des Zoo Zürich.

    Zum Tod des Elefanten Umesh

    Zoodirektor Severin Dressen über schmerzliche Verluste, unseren Umgang damit und unsere Beziehung zu Leben und Tod.

    Tagelang kämpfte unser Elefanten-Team im Hintergrund des Kaeng Krachan Elefantenparks um das Leben Umeshs. Jeden Tag standen mehrere strenge und zeitintensive Behandlungen an. Die Kuratorin, die Tier*ärztinnen und Tierpflege*rinnen wechselten sich bei der Arbeit ab und gaben ihr Bestes. Doch ihr grosser Einsatz, verbunden mit viel Hoffnung, wurde am Ende nicht belohnt. Die medizinischen Behandlungen halfen nicht. Am 28. Juni verstarb unser zweijähriger Elefantenbulle Umesh.

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    Das sind keine schönen Momente. Gerade für ein Team, das täglich eng mit Tieren zusammenarbeitet. Und ganz besonders bei Tieren wie Elefanten, zu denen man individuelle Bindungen aufbauen kann.

    Aber bei aller Emotionalität ist allen Mitarbeiter*innen auch immer bewusst, dass in der Natur das Sterben genauso dazugehört wie die Geburt.

    Auch wenn wir dies in unserer menschlichen Gesellschaft manchmal auszublenden versuchen. Tod und Krankheit sind Teil des Lebens. Auch bei Tieren. Auch im Zoo.

    Das Interesse und die Anteilnahme in den letzten Tagen waren riesig. Unsere E-Mail-Postfächer quollen über und auf den Sozialen Medien nahmen die User*innen im Sekundentakt digital Abschied. Wir wurden sogar gefragt, ob es für Umesh eine Art Gedenkstein oder eine Grabstätte gibt.

    Die Antwort ist: nein, so etwas wird es nicht geben. Das würde viel zu weit führen und ist nicht mit unserer Grundhaltung zu vereinbaren.

    Wir begegnen all unseren Tieren mit dem gleichen Respekt und derselben Wertschätzung.

    Wir gewichten kein Tier höher als ein anderes, nur weil es vermeintlich schöner, beliebter, wertvoller, einzigartiger, berühmter oder lustiger ist. Oder eben ein: kleines Elefäntli.

    Eine Art «Trauerritual» hat es aber trotzdem gegeben. Allerdings unter den Elefanten selbst: damit die anderen Tiere realisieren, dass Umesh nicht mehr lebt, haben wir ihn die ganze Nacht bei seiner Familie gelassen. Die Tiere konnten so ihr Herdenmitglied auf ihre Art verabschieden.

    Dass Umesh nur zwei Jahre alt wurde, ist traurig. Sein Tod steht für viele junge Asiatische Elefanten, die an der Folgeerkrankung des Elefantenherpesvirus sterben – in Zoos, aber auch in wildlebenden Populationen.

    Als Zoo haben wir neben dem Artenschutz, dem Naturschutz und der Bildung auch die Aufgabe, bei der Forschung im Tierbereich mitzuwirken. Aus diesem Grund haben wir den Körper Umeshs nach seinem Tod genau untersuchen lassen. Tierärzt*innen der Pathologie entnahmen Proben, um das Virus und die Krankheit besser zu verstehen. Und um die Forschungsteams mit – vielleicht entscheidenden – Hinweisen zu beliefern, die in Zukunft zur Entwicklung eines Impfstoffes führen könnten. Ein Impfstoff der anderen jungen Asiatische Elefanten das Leben retten kann.

    Zoodirektor Severin Dressen 2020 im Masoala Regenwald des Zoo Zürich.

    Zoodirektor Severin Dressen.

    Nebenstehender Text erschien erstmals im Rahmen der «Zoologisch»-Kolumne Severin Dressens im «SonntagsBlick-Magazin».