Fledermäuse in Not
Der viele Regen der letzten Tage hat Folgen für die Fledermäuse: aktuell kommen besonders viele Jungtiere in die gemeinesame Fledermaus-Notpflegestation der Stiftung Fledermausschutz, des Zürcher Tierschutzes und des Zoo Zürich. Die Tierpflegerinnen haben dort alle Hände voll zu tun, um die zahlreichen Findlinge wieder aufzupäppeln.
Durch die intensiven Regenfälle der letzten Wochen sind viele junge Fledermäuse in einer ungünstigen Zeit geboren. Die Fledermausmütter finden zu wenig Nahrung, um ausreichend Milch für ihre Jungen zu produzieren. Deshalb müssen viele Mütter ihre Jungtiere aufgeben. Hier helfen die Stiftung Fledermausschutz, der Zürcher Tierschutz und der Zoo Zürich mit der gemeinsam betriebenen Fledermaus-Notpflegestation.
Die Tierpflegerinnen und Tierpfleger in der Fledermaus-Notpflegestation müssen sich aktuell fast rund um die Uhr um die vielen kleinen Fledermäuse kümmern. Video: Zoo Zürich, Nicole Schnyder
300 Pfleglinge, 3000 Notrufe
Jährlich pflegt das Team der Fledermaus-Notpflegestation rund 300 Tiere und bearbeitet über das Notfalltelefon über 3000 Hilferufe rund um die Uhr. Die Notpflegestation nimmt verletzte, verwaiste und erschöpfte Fledermäuse auf – und ist aktuell so voll wie nie zuvor.
Nommnomm: eine Zwergfeldermaus erhält in der Notpflegestation Futter. Bild: Zoo Zürich, Nicole Schnyder
Unter der Leitung einer Tierärztin und einer Tierpflegerin kümmern sich ausgebildete Fledermaus-Pflegerinnen und -Pflegern um die Patienten und pflegen sie wieder gesund. Nach einem erfolgreichen Flugtraining können die gesunden Tiere die Station wieder verlassen und in die Natur entlassen werden.
Pflegebedürftiges Duo: eine Fledermaus-Mutter mit ihrem Jungtier in der Fledermaus-Notpflegestation. Foto: Zoo Zürich, Nicole Schnyder
Bedrohte Tiergruppe
Seit Mitte des 20. Jahrhunderts gibt es in der Schweiz immer weniger wildlebende Fledermäuse. Das hat mehrere Gründe.
Fledermäuse brauchen Unterschlupfmöglichkeiten. Diese werden durch Renovationen von Dachgeschossen oder auch durch das Fehlen von Altholzbeständen im Wald immer spärlicher.
Flugtraining: Ehe es zurück in die Natur geht, überprüfen die Fledermaus-Pflegerinnen und -Pfleger in einer Voliere, ob mit dem Fliegen alles klappt. Foto: Zoo Zürich, Nicole Schnyder
In den Flugkorridoren der Fledermäuse von ihren Quartieren zu ihren Jagdgebieten leiden die Tiere zudem unter der Lichtverschmutzung, der Zersiedelung durch Strassen und der Lärmbelästigung. Und in den Jagdgebieten verschwinden die Insekten, die Beutetiere der Fledermäuse, zunehmend durch intensivierte Landwirtschaft, Pestizide und die Trockenlegung von Feuchtgebieten.
Fledermäuse brauchen Unterschlupfmöglichkeiten, wie hier diese Wasserfledermaus. Foto: Stiftung Fledermausschutz, Hans-Peter B. Stutz
Auch diese Nordfledermaus fühlt sich in einem Unterschlupf am wohlsten. Foto: Stiftung Fledermausschutz, Hans-Peter B. Stutz
Virenschleudern?
Aktuell kämpfen Fledermäuse zudem auch noch mit dem schlechten Ruf, sie seien «Virenschleudern». Viele Wildtiere können Krankheiten (sogenannte Zoonosen) auf den Menschen übertragen. Dazu gehören etwa die Schweinegrippe, Vogelgrippe, MERS, SARS oder eben auch Covid-19.
Fledermäuse gelten als «Reservoir» für eine Vielzahl von Viren. Tatsächlich haben Forschende in Zusammenarbeit mit der Stiftung Fledermausschutz auch bei unseren einheimischen Fledermäusen viele verschiedene Viren gefunden. SARS-CoV-2 gehört jedoch nicht dazu.
Einheimische Fledermäuse wie dieser Grosse Abendsegler können kein Covid-19 auf Menschen übertragen. Foto: Stiftung Fledermausschutz, Hans-Peter B. Stutz
Wildtiere nicht anfassen
Meist braucht ein Virus ohnehin einen Zwischenwirt und kann nicht direkt von der Fledermaus auf einen Menschen übertragen werden. Das ist auch bei einem dem SARS-CoV-2 ähnlichen Virus der Fall, der bei einer chinesischen Fledermausart entdeckt wurde. Grundsätzlich sollte man direkten Kontakt mit Fledermäusen aber meiden, da sie – wie alle Wildtiere – Krankheiten übertragen können.
Wildtiere sollten grundsätzlich nicht angefasst werden; auch dieses Grosse Mausohr nicht. Foto: Stiftung Fledermausschutz, Hans-Peter B. Stutz
Langjähriges Engagement für fledermäuse
Der Zoo Zürich unterstützt die Stiftung Fledermausschutz seit 1998. Die Stiftung koordiniert mit Unterstützung des Bundes den Fledermausschutz in 19 Kantonen. Nebst dem gemeinsamen Betrieb der Fledermaus-Notpflegestation auf dem Zoogelände unterstützt der Zoo zusätzlich zusammen mit der Stiftung weitere Projekte für den Fledermausschutz. So setzten sie sich etwa für den Erhalt bekannter Fledermausschlafplätze in Kirchtürmen, alten Dächern oder hohlen Bäumen ein. Zusätzlich installiert die Stiftung Fledermauskästen an geeigneten Stellen, die den Tieren zusätzliche Unterschlupfmöglichkeiten bieten.
Zurück in die Natur: die gesundgepflegten Fledermäuse dürften zurück in ihren natürlichen Lebensraum. Bild (Archiv): Stiftung Fledermausschutz