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  • Omysha vor Geburt 2020

    Wenn Elefanten gebären

    Mit fast zwei Jahren ist der Elefant der Rekordhalter bei den Tragzeiten im Tierreich. Die Fortpflanzung bei Elefanten hat aber noch mehr verblüffende Aspekte. Wir blicken zurück auf die letzte Elefantengeburt im Zoo Zürich.

    Elefanten sind hoch soziale Tiere und die Herde verleiht der gebärenden Kuh Unterstützung, Sicherheit und Schutz. Bei der Geburt von Omyshas Kalb im August 2020 sind daher Mutter Indi, Schwester Chandra und der kleine Umesh beim Geburtsgeschehen in den Hintergrundanlagen des Kaeng Krachan Elefantenparks dabei. Die Geschichte nimmt leider ein trauriges Ende, wir haben darüber berichtet. Trotzdem sind wir überzeugt, dass die Herdengeburt und die natürlichen sozialen Verbände der richtige Weg der Elefantenhaltung sind.

    Wie Elefanten geboren werden

    Die Geburt dauert bei Elefanten in der Regel länger als bei Menschen. Die ersten Anzeichen sind Schleim und das Einsetzen von ersten Wehen, bei denen das Kalb in die Geburtsposition gebracht wird. Bei Omysha, die ihr Kalb nach einer Tragzeit von 666 Tagen am Mittwoch,19. August 2020, nach 17 Uhr zur Welt gebracht hat, hat diese erste Geburtsphase am Montagmorgen begonnen.

    Mit Indi und Chandra hat die erstgebärende Omysha erfahrene «Geburtshelferinnen» an ihrer Seite. Für Umesh, der im Februar 2020 geboren ist, ist das Geschehen eine neue Erfahrung. Mit den ersten Anzeichen zeigt sich Chandra von ihrer fürsorglichen Seite. Wenn sich eine Wehe einstellt, gesellt sie sich zu Omysha, gibt ihr körperlichen Halt und hält ihr ab und zu Umesh vom Leib, der auf seine Spiele mit Omysha nur ungern verzichtet.

    Chandra und Omysha Geburt 2020

    Chandra (links) bietet mehrfach ihren Kopf an, damit sich Omysha in der Wehe gegen sie stemmen kann. Omysha verhält sich komplett geräuschlos. Bild: Zoo Zürich, Nicole Schnyder

    Omysha liegend vor Geburt 2020

    Zwischendurch legt sich Omysha hin, Umesh sucht immer wieder ihre Nähe. Bild: Zoo Zürich, Nicole Schnyder

    Die Menschen sind ebenfalls vor Ort, halten sich aber meistens im Hintergrund. Das Tierärzteteam, die Kuratorin, die Tierpflegerinnen und Tierpfleger – sie beurteilen den Zustand von Omysha und die Fortschritte im Geburtsprozess jedoch regelmässig. Die Möglichkeiten zur aktiven Geburtshilfe bei Elefanten sind beschränkt. Massnahmen wie der Kaiserschnitt oder das Kalb herauszuziehen sind bei Elefanten aus anatomischen Gründen ausgeschlossen.

    Sabrina Markzoo, Cordula Galeffi und Kurt Ammacher Besprechung

    Sabrina Markzoll, Cordula Galeffi und Kurt Amacher bei einer Besprechung im Elefanten-Team. Bild: Zoo Zürich, Nicole Schnyder

    Video: Zoo Zürich, Nicole Schnyder

    In der letzten Phase der Geburt presst die Kuh das Kalb dem schlauchförmigen, nach unten zeigenden Geburtskanal entgegen. Am höchsten Punkt angelangt, zeichnet das nach hinten gepresste Kalb eine deutliche Beule ab. Dann geht es meist schnell und das Kalb tritt samt Fruchtblase aus dem 1,5 Meter langen Geburtskanal.

    Omysha Bauch vor Geburt

    Die Beule zeigt, dass das Kalb auf dem Weg zum Geburtskanal ist. Die Beule wächst noch an im Lauf des Geburtsprozesses. Bild: Zoo Zürich, Nicole Schnyder

    Die eigentliche Geburt und ihre Folgen

    Am Mittwoch nach 17 Uhr geht es plötzlich überraschend schnell: Omysha liegt ins Wasserbecken. Offenbar hat sie durch den Auftrieb im Wasser etwas Erleichterung erfahren. Nur wenige Minuten später gebärt sie das Kalb mit den Hinterbeinen voran in der Anlage nebenan. Nach einheitlicher Meinung der Experten bewegte sich das neugeborene Elefantenkalb nach der Geburt kaum. Möglicherweise war es in Folge der länger andauernden Geburt geschwächt. Die Reaktion der Herdenmitglieder verlief in den ersten Minuten normal, wobei sie das Neugeborene mit Kopf, Rüssel und Füssen zum Aufstehen animierten. Dies sieht für uns ruppig aus, gehört aber zu einer Elefantengeburt. Im vorliegenden Fall scheint es nun, dass das Ausbleiben positiver Signale von Seiten des Kalbes innerhalb der ersten Minuten zu weiteren, intensiveren Anstrengungen der erwachsenen Tiere geführt hat. Diese zunehmend heftigen Bemühungen, dem Kalb auf die Beine zu helfen, führten schliesslich zum Tod des Tieres. Die Experten sind sich einig, dass das Verhalten der Herdenmitglieder nach der Geburt im vorliegenden Fall nicht als aggressiv einzustufen ist.

    Omysha beim Baden

    Wenige Minuten vor der Geburt steigt Omysha nochmals ins Bad. Indi (links) und Chandra weichen nicht mehr von ihrer Seite. Bild: Zoo Zürich, Nicole Schnyder

    Video: Zoo Zürich, Nicole Schnyder

    Wie Elefanten entstehen

    Die Elefantenkuh erreicht in der Wildnis die Geschlechtsreife mit etwa zehn Jahren, im Zoo kann es deutlich früher sein. Von da an kommt die Elefantenkuh drei- bis viermal pro Jahr in den Oestrus, der maximal vier Tage dauert. Nach erfolgreicher Begattung folgt eine Trächtigkeit von rund 22 Monaten. In dieser Zeit erreicht das Kalb eine Grösse von rund einem Meter und etwa 100 Kilogramm. Es kann kopfvoran oder auch mit den Hinterbeinen voraus zur Welt kommen.

    Neue Erkenntnisse für die Fachwelt

    Vieles, was wir zur Fortpflanzung von Asiatischen Elefanten wissen, stammt von Tieren, die von Menschen gehalten werden. Denn wildlebende Elefanten sind sehr schwierig zu erforschen. Sie leben zurückgezogen in dichten Wäldern und meiden Begegnungen mit Menschen, was die Beobachtungen durch Forscherteams erschwert. Im Gegensatz dazu haben wir im Zoo Zürich einfachere Bedingungen, um biologische Daten wie Gewicht, Tragzeiten oder auch zur Jungtierentwicklung zu gewinnen.