Vier Schnäbel für den Artenschutz
An Ostern sind im Zoo Zürich vier Habichtskäuze geschlüpft. Inzwischen sind die jungen Vögel bereits flügge – und treten bald eine wichtige Reise nach Österreich an. Wohin die Vögel gehen, was am Ziel mit ihnen passiert und weshalb das wichtig ist, berichten wir hier.
Winzigklein lagen sie an Ostern in ihrem Nest: vier frisch geschlüpfte Habichtskäuze. Inzwischen sind die jungen Vögel flügge und tragen bereits alle einen Ring zur Identifikation. Ende Juni machen sie sich dann auf in ihr nächstes grosse Abenteuer: die Auswilderung in Österreich.
Video: Zoo Zürich, Nicole Schnyder
Seit 2009 wildern die Österreichische Vogelwarte und Vetmeduni Wien im Osten Österreichs Habichtskäuze aus, die in Menschenobhut geschlüpft sind. Ziel ist es, so das langfristige Überleben der Eulenart zu sichern. 2016 war mit 45 freigelassenen Vögeln das bisher erfolgreichste Jahr des Projekts.
Der Zoo Zürich unterstützt die Habichtskauz-Wiederansiedlung mit der Abgabe von Jungvögeln. Sie stärken die lokale Population und sind ein wichtiger Faktor im Artenschutz-Bestreben.
Einer der vier Jungvögel, der Ende Juni nach Österreich zur Auswilderung geht. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Küken aus ganz Europa
Damit sich eine stabile Habichtskauz-Population etabliert, braucht es jedes Jahr Jungvögel zur Auswilderung. Derzeit beteiligen sich 32 Zoos und Zuchtstationen in 7 europäischen Ländern mit 49 Brutpaaren am Projekt.
Jeder Jungvogel erhält einen Ring. Anhand dessen kann jedes Tier eindeutig identifiziert werden. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Vom Zoo in die Voliere in die Natur
Die Auswilderungen erfolgen nach einer erprobten Methode in zwei Schritten. Zuerst kommen die jungen Eulen am Auswilderungsort in eine Voliere. So können sie sich an ihre neue Umgebung gewöhnen.
Im Juli dürfen die Vögel die Voliere dann verlassen und sich ein eigenes Revier suchen. Läuft alles wie gewünscht, beginnen sie im Herbst mit der Balz.
Flügel hoch: Dieser junge Habichtskauz zeigt sich beweglich. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Seit 2011 beobachtet das Wiederansiedlungsprojekt erfolgreiche Naturbruten. 2021 war das bisher erfolgreichste Brutjahr mit 47 Jungvögeln von über 20 nachgewiesenen Paaren.
Schwierig zu zählen
Allerdings ist das Zählen des Habichtskauzes eher schwierig. Er bewohnt ein grosses Gebiet. Dieses ist oft schwer zugänglich und liegt hoch in den Bergen. Erschwerend kommt die hauptsächlich nächtliche Lebensweise der Vögel dazu. Um den Erfolg der Wiederansiedelung zu messen, stattet das Projekt die Habichtskäuze deshalb mit Sendern aus.
Ausguck aus der Bruthöhle: Jungvogel und Elterntier. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Den «Grumpy-Look» hat dieser junge Habichtskauz bereits im Griff. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Unterstützung mit Nistkästen
Normalerweise brüten Habichtskäuze in Baumhöhlen oder auf Horsten anderer Grossvögel. Um den Bruterfolg zu erhöhen, stellt das Projekt «Habichtskauz Wiederansiedlung» auch witterungsgeschützte Nistkästen auf. Zurzeit existieren 550 davon. Ehrenamtliche Nistkastenbetreuer*innen kontrollieren sie regelmässig.
Habichtskäuze brüten unter anderem in Baumhöhlen. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Der Habichtskauz hatte ursprünglich eine durchgehende Verbreitung von Nordeuropa über Russland bis nach Japan. Während es in Osteuropa heute noch Populationen wildlebender Habichtskäuze gibt, sind sie in unsern Nachbarländern Österreich und Deutschland seit Mitte des 20. Jahrhunderts ausgerottet. Ursache dafür war die Bejagung durch den Menschen und der Lebensraumverlust.
Ob die Art auch in der Schweiz heimisch war, ist nicht ganz klar. Es gibt historische Hinweise, aber nur wenige.
Der Habichtskauz war einst weit verbreitet. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Der Habichtskauz ist eine grosse Eule und besitzt Ähnlichkeit mit dem Waldkauz. Er ist aber grösser und schwerer. Der Vogel ist dämmerungs- und nachtaktiv, während der Jungenaufzucht aber auch tagsüber.
(Fast-)Rundumblick
Die Augen der Eulen sind nach vorne gerichtet, was ihnen ein binokulares Sehen ermöglicht. Die Augen selbst sind nicht beweglich. Dafür können die Vögel ihren Kopf mit 14 Halswirbeln um bis zu 270 Grad drehen. Das vergrössert ihr Gesichtsfeld stark.
Habichtskäuze können ihren Kopf um bis zu 270 Grad drehen. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Habichtskäuze leben monogam und verteidigen ein gemeinsames Revier gegen Artgenossen. Das Weibchen bebrütet die 1 bis 6 Eier seines Geleges während 32 bis 34 Tagen. Das Männchen füttert es in dieser Zeit.
Hier nimmt alles seinen Anfang: Aufnahmen aus dem Nistkasten der Habichtskäuze. Video: Zoo Zürich, Sandro Schönbächler
Nach weiteren 35 bis 40 Tagen verlassen die Jungtiere das Nest zum ersten Mal.
Blick in die Kinderstube: die noch hier noch sehr jungen Küken in der Bruthöhle. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini