Vom Schiessplatz zur Dschungel-WG
Der Masoala Regenwald feiert heuer sein 20-jähriges Bestehen. Seine Geschichte beginnt aber bereits viel früher. Hier gibt es Wissenswertes und Anekdoten zu seiner Entstehung und Weiterentwicklung.
Die Geschichte des Masoala Regenwalds nimmt bereits 1992 ihren Anfang. Der damalige Direktor des Zoo Zürich, Dr. Alex Rübel, beschloss im Rahmen seines Masterplans, einen Lebensraum zu bauen, der in direktem Zusammenhang mit einem Naturschutzprojekt in der Wildnis stehen sollte. Es war quasi die Geburtsstunde des sogenannten «Twinnings»: der Verbindung eines Naturschutzprojektes mit einer Anlage im Zoo. Heute erleben die Zoogäste dieses auch in der Lewa Savanne und im Kaeng Krachan Elefantenpark und in naher Zukunft in der geplanten Pantanal Voliere.
Die Wahl für das Naturschutzprojekt fiel auf die Halbinsel Masoala auf Madagaskar. Ab 1995, also bereits viele Jahre vor der Eröffnung des Masoala Regenwalds in Zürich, engagierte sich der Zoo dort für die Erhaltung des Regenwaldes.
Die Idee für den Masoala Regenwald war hier bereits geboren: alt Zoodirektor Alex Rübel (l.) und Landschaftsarchitekt Walter Vetsch präsentieren 1993 den ersten Masterplan des Zoo Zürich. Foto: Zoo Zürich, Karl Hofer
Standortwechsel und Bodensanierung
Für die «Zürcher Edition» des Masoala Regenwalds hatte der Zoo ursprünglich den Standort der heutigen Lewa Savanne vorgesehen. Weil das Bauwerk dort aber als zu wuchtig erschien, verschob der Zoo das Projekt auf das Areal der ehemaligen Schiessanlage Fluntern. Das hatte zur Folge, dass er zuerst eine intensive Altlastensanierung des Geländes vornehmen musste, eher er mit dem eigentlichen Bau des Masoala Regenwalds starten konnte.
2001: Spatenstich
Davon abgesehen ging dem Bau des Zürcher Masoala Regenwalds das voraus, womit der Zoo auch heute bei neuen Anlagen konfrontiert ist: Einsprachen. 2001 konnte der Zoo aber endlich loslegen, mit einem symbolischen Spatenstich am 13. März 2001.
Im Sucher: Ein Regenwald entsteht
2002: Hagelschaden
Ein wichtiges Etappenziel erreichte der Zoo im Juni 2002, rund ein Jahr vor der Eröffnung der Anlage: Die Dachhülle war fertig. Die Freude darüber war indes nur von kurzer Dauer: Nur wenige Tage nach Vollendung zerstörte ein heftiger lokaler Hagelsturm die oberste Folie derart, dass der Zoo die gesamte Folienkonstruktion komplett erneuern musste.
Nur dank des tollen Zusammenspiels aller Beteiligten, u.a. der Gebäudeversicherung, die den Schaden rasch begutachtete und übernahm, und der Entwicklung einer Schutzschicht zusammen mit der Empa, konnte der Zoo die Dachkonstruktion noch vor dem Einbruch der kälteren Jahreszeit wieder erneuern. Für die Bepflanzung der Halle war danach doppeltes Tempo angesagt, damit der Zoo den Eröffnungstermin Mitte 2003 einhalten konnte.
Da war das Dach wieder ganz: Feierliches Richtfest am 6. November 2002. Foto: Zoo Zürich, Othmar Röthlin
2003: Eröffnung
Zwei Jahre nach dem Baustart, 2003, eröffnete der Zoo Zürich schliesslich seinen Masoala Regenwald im Beisein vieler prominenter Gäste. Es war gleichzeitig der Start für eine neue Ära des Tiermanagements: Erstmals konnten sich alle Tiere gemeinsam frei in einer riesigen Anlage bewegen. Das stellte den Zoo vor viele neue Herausforderungen: Wie behält man den Überblick über alle Tiere? Wie stellt man sicher, dass jedes Tier das richtige Futter kriegt, wenn sich im Prinzip alle überall bedienen können? Wie kontrolliert man auf einer dicht bewachsenen Fläche von 11'000 Quadratmetern, ob alle Tiere gesund sind?
WG im Dschungel: Der Masoala Regenwald ist eine Gemeinschaftshaltung von Tieren und Pflanzen auf 11'000 Quadratmetern. An die Tierpfleger*innen stellt dies besondere Herausforderungen. Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess
2006: Schneeschaufeln
Für einige unruhige Stunden und Tage der Zoobelegschaft sorgte der Rekordschneefall, der anfangs März 2006 zu Boden ging. Der lawinenartig vom First runterkommende (Nass-)Schnee türmte sich am Boden meterhoch auf und drückte massiv auf die Folienkonstruktion. Selbst der damalige Zoodirektor Alex Rübel musste zum Schneeschaufeln antreten. Glücklicherweise konnte der gröbste Schaden verhindert werden und die Folienkonstruktion erlitt keine gravierenden Defekte.
Der Masoala Regenwald 2006: Es ist bereits ein üppiges Grün; die Pflanzen sind aber alle noch deutlich kleiner als heute. Foto: Vogt Landschaftsarchitekten AG
2013: In die Baumwipfel
Sein erstes grosses Jubiläum feierte der Masoala Regenwald 2013: 10 Jahre. Der Zoo bestückte den Regenwald zu diesem Anlass mit dem Baumkronen-Weg, der den Zoogästen mit seinen beiden 10 und 18 Meter hohen Türmen eine neue Perspektive auf den Regenwald eröffnete. Als Vorbild für das Bauwerk diente den Landschaftsarchitekten Günther Vogt und Lars Ruge ein Insektenkokon. Lianen und Aufsitzerpflanzen umschlingen die beiden Stahltürme und in der Mitte des grossen Turmes wächst ein Kapokbaum in die Höhe.
Zur feierlichen Einweihung war auch der Präsident Madagaskars zu Gast.
Der frisch errichtete Masoala Baumkronen-Weg (2013). Foto: Zoo Zürich, Corinne Invernizzi
2023: Naturschutzzentrum
Im Zuge des 20-jährigen Bestehens kam im letzten April das neue Naturschutzzentrum mit 360-Grad-Kino und einer neuen Ausstellung zum Naturschutzengagement des Zoo Zürich in Madagaskar dazu.
Der Masoala Regenwald heute, samt neuer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des neuen Naturschutzzentrums. Foto: Zoo Zürich, Nicole Schnyder