Neuer Hengst in der Savannen-WG
Der Zoo hat einen neuen Zebrahengst. Wir berichten, weshalb das Eingewöhnen in die Savannen-WG ein anspruchsvoller Prozess ist, worin sich Grevyzebras von anderen Zebraarten unterscheiden und wie sich Rashidi bisher eingelebt hat.
In der Lewa Savanne im Zoo Zürich ist ein neuer Grevyzebra-Hengst eingezogen. Rashidi kam Anfang Juni nach Zürich. Zuvor hatte er im Zoo Lissabon in Portugal gelebt, in Gemeinschaft mit seinem Bruder. Das Zusammenleben mit anderen Tierarten kannte der siebenjährige Hengst nicht.
In der Lewa Savanne im Zoo Zürich ist die Situation eine andere: Hier teilen sich verschiedene Tierarten gemeinsam den Lebensraum – quasi wie in einer «WG». Die Tierpfleger*innen gewöhnten Rashidi deshalb über mehrere Wochen schrittweise an diese neue Lebensart.
Video: Zoo Zürich, Birte Fröhlich, Nicole Schnyder, Sandro Schönbächler
Kennenlernen in Etappen
Nach einer ersten Eingewöhnung im Stall durfte der Hengst zuerst einmal den der eigentlichen Savanne vorgelagerten Aussenbereich erkunden – allein. Dies ich wichtig für eine erste Orientierung. Zebras sind Fluchttiere, die bei Gefahr weglaufen. Sollte sich der Hengst durch eine Situation bedroht fühlen, musste er wissen, wohin er ausweichen konnte.
Nach dieser Orientierungsphase folgte der zweite Schritt: das Kennenlernen der Mitbewohner. Zuerst traf Rashidi auf die Impalas. Sie sind deutlich kleiner als Grevyzebras und somit keine Gefahr. Das Kennenlernen verlief reibungslos.
Ungewöhnliche Sozialstruktur
Am Tag darauf folgten die Artgenossinnen: Rashidi traf auf die vier Grevyzebra-Weibchen.
Spaziergang über die Lewa Savanne: Rashidi erkundet sein neues Zuhause. Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess
Grevyzebras haben eine für Zebras ungewöhnliche Sozialstruktur. Die Hengste leben als Einzelgänger mit eigenem Revier. Die Weibchen durchstreifen zusammen mit ihren Jungtieren in Herden verschiedene Reviere. Annährungen gibt es nur zur Paarungszeit. Grevyzebras haben also nicht wie andere Zebraarten eine Haremsstruktur mit einem Männchen als Oberhaupt.
Entsprechend reagierten die Zebraweibchen zunächst abwehrend auf den neuen Hengst. Rashidi kassierte einige Huftritte und wurde auf Abstand gehalten. Dies ist ein natürliches Verhalten. Es folgten mehrere Verfolgungsjagden quer über die Savanne. Da Rashidi das Gelände noch nicht kannte, blieb er dabei immer wieder stehen, um sich zu orientieren.
Bereits am nächsten Tag hatte sich die anfängliche Aufregung aber gelegt. Und nach einigen Tagen des Zusammenlebens tolerierten die Weibchen den neuen Hengst.
Hengst trifft Stuten: Rashidi (l.) macht Bekanntschaft mit den vier Zebrastuten. Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess
Nashörner – die Platzhirsche
Auf die Zebraweibchen folgte für Rashidi die Bekanntschaft mit den Perlhühnern, Blauhalsstraussen und Netzgiraffen. Das Kennenlernen verlief problemlos. Zu den Giraffen hielt der Hengst Abstand und ging Begegnungen aus dem Weg.
Ganz zum Schluss kamen schliesslich die Breitmaulnashörner dazu.
Die Breitmaulnashörner sind die anspruchsvollste Tierart für das erfolgreiche Zusammenleben mit dem neuen Hengst. Sie sind die grössten, schwersten und stärksten Bewohner der Savanne – und das wissen sie auch. Als territoriale Tiere sind Grevyzebra-Hengste aber darauf bedacht, ihr Revier zu verteidigen – ungeachet der Grösse ihres Gegners.
Das birgt die Gefahr, dass es zu Auseinandersetzungen zwischen Nashörnern und Zebrahengst kommen kann. Solche Auseinandersetzungen können für das Zebra gefährlich sein. Das Kennenlernen erfolgte daher in zwei Gruppen.
Anders als andere Zebraarten leben Grevyzebras nicht im Harem. Die Hengste sind einzelgängerisch unterwegs, die Stuten durchstreifen in Herden die Reviere mehrerer Hengste. Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess
Inzwischen hat sich Rashidi gut eingelebt und seinen Platz in der Savannen-WG gefunden.
Wertvolles WG-Leben
Das vergesellschaftete Zusammenleben verschiedener Tierarten in einer Anlage ist eine komplexe Haltungsform. Für die Tiere bringt sie jedoch Mehrwert. Denn kein Tag ist wie der andere, alle Arten müssen sich immer wieder miteinander auseinandersetzen. Das fordert und fördert die kognitiven Fähigkeiten und entspricht den Gegebenheiten in der Natur.
In der Natur bedroht
Das natürliche Hauptverbreitungsgebiet wildlebender Grevyzebras ist Kenia. Dort existiert eine kleine, aber derzeit stabile Population von etwa 2400 Tieren. Eine kleinere Population von etwa 200 Tieren existiert in Äthiopien. Sie nimmt jedoch stark ab.
Körperpflege: Rashidi wälzt sich genüsslich. Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess
Die Weltnaturschutzunion IUCN listet Grevyzebras als stark gefährdet. Die grösste Bedrohung der Tiere sind der Verlust ihres Lebensraums durch zunehmend intensive Land- und Viehwirtschaft sowie die Jagd.
Der Zoo Zürich setzt sich auf mehreren Ebenen für den Erhalt des Grevyzebras ein. Er beteiligt sich am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm EEP für Grevyzebras für eine stabile Reservepopulation in Zoos. Mit verschiedenen Bildungsangeboten trägt er dazu bei, seine Gäste für den Schutz der Tiere zu sensibilisieren.
Seit 1998 in Kenia engagiert
Als Naturschutzpartner des Schutzgebiets Lewa Wildlife Conservancy in Kenia setzt sich der Zoo aktiv für den Erhalt der Art in ihrem natürlichen Lebensraum ein. Durch Schutzbemühungen der durch den Zoo finanzierten Rangerteams konnte die Population in Lewa im Jahr 2023 um 19 Prozent zulegen. Derzeit gibt es 359 Tiere in Lewa. Im Jahr 2022 waren es noch 310.
Im Galopp über die Savanne: Bei der ersten Begegnung der Stuten mit Rashidi kam es auch zu einigen Verfolgungsjagden. Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess