
Mit Gipstrick zum Kükenglück
Die Chileflamingos im Pantanal brüten derzeit fleissig. Weshalb manche von ihnen auf Gipsattrappen sitzen und wie am Ende trotzdem Küken aus den Eiern schlüpfen, berichten wir hier.
Hochbetrieb im Pantanal: Bei unseren Chileflamingos herrscht Brutsaison. Bereits zwei Jungvögel sind geschlüpft. Weitere sollen über die nächsten Tage und Wochen folgen, denn die rosaroten Vögel haben heuer fleissig Eier gelegt.
Video: Zoo Zürich, Nicole Schnyder
Krähen austricksen
Die Flamingos legen ihre Eier auf die Bruthügel in ihrer Anlage. Dort würden sie sie eigentlich auch ausbrüten – wären da nicht ein paar schlaue wildlebende Krähen, die sich darauf spezialisiert haben, die Flamingo-Eier anzupicken und zu fressen.
Aus diesem Grund greifen unsere Tierpfleger*innen in die Trickkiste. Sie sammeln die frischgelegten Flamingo-Eier ein und legen den Flamingos stattdessen Gips-Eier unter. Die echten Eier nehmen sie mit und platzieren sie in einem Brutkasten.

Flamingos legen ihre Eier auf Bruthügel aus Schlamm und Lehm. Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess
Natürlich schlüpfen
Sobald der errechnete Schlupftermin naht, bringen die Tierpfleger*innen das betroffene Ei zurück auf den Nisthügel der Eltern und nehmen die Gipsattrappe wieder weg. So kann das Küken auf natürliche Art schlüpfen.
Dies haben heuer bereits zwei Tiere getan. Wer genau hinschaut, entdeckt die kleinen, noch grau-weissen Mini-Flamingos zwischen den erwachsenen Tieren.

Grössenvergleich: Elterntier mit Küken. Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess
Grosse Gruppe
Chileflamingos stammen ursprünglich aus Südamerika. Aus den Hochanden sind sie sich kalte Temperaturen gewöhnt. Bei uns im Zoo leben sie deshalb auch das ganze Jahr draussen.
In unserer Anlage leben die Tiere in einer Kolonie von über 60 Vögeln. Die Kolonie als Ganzes bildet dabei eine Art Schutzraum für die Jungtiere, zusätzlich zum Schutz, den die Eltern bieten.

Auf grossem Fuss: Einer der jungen Flamingos ist bereits munter unterwegs. Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess
Ein Thron fürs Ei
Flamingos bauen ihre Bruthügel aus Schlamm und Lehm. Als Unterstützung bieten wir ihnen bei uns im Zoo zusätzlich künstliche Bruthügel an.
In der Regel legen Flamingos ein einzelnes Ei, in Ausnahmefällen können es auch zwei sein. Die Brut dauert etwa dreissig Tage, wobei beide Elternteile abwechselnd brüten.

Das schmutzig wirkende «Gschlüdder» am Küken-Kopf ist die Kropfmilch – und der beste Beweis, dass die Eltern diesen Jungvögel üppig füttern Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess
Der Zoo Zürich hält Chileflamingos seit 1951. Sie sind Teil des Europäischen Erhaltungszuchtprogrammes EEP für diese Art.
Wildbestände nehmen ab
Auf der Roten Liste der Welt-Naturschutzunion IUCN sind Chileflamingos als «potenziell gefährdet» (NT) gelistet. Dies, weil ihr Lebensraum unter Druck ist; vor allem durch die Rohstoffgewinnung in den Anden, die die Gewässer verschmutzt. Auch lassen sich Flamingos bei der Brut und Aufzucht leicht stören. Das kann dazu führen, dass sie ihr Gelege oder ihre Jungtiere verlassen.

Ob echtes Ei oder Gipsattrappe: Die Flamingos kümmern sich aufmerksam um ihr Gelege. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Ein Schnabel zum Filtern
Chileflamingos können bis zu 140 Zentimeter gross werden. Weibchen sind meist etwas kleiner als Männchen. Neben den langen Beinen sind die grossen gebogenen Schnäbel und die Färbung charakteristisch für die Vögel.
Mit den Schnäbeln filtrieren die Flamingos Nahrung aus dem Wasser; zum Beispiel Insekten, Schnecken oder kleine Krebse. Letztere beinhalten den Farbstoff Carotinoid. Der Farbstoff wird im Körper der Flamingos umgewandelt und lagert sich im Gefieder der Vögel ab. So sorgt er dann bei den eigentlich weissen Tieren für die typische rosarote Färbung. Im Zoo mischen wir dem Futter zum gleichen Zweck Karotin bei.

Besonderer Schnabel: Er funktioniert beim Flamingo nach dem gleichen Prinzip wie die Barten von Bartenwalen, indem er Nahrung aus dem Wasser filtert. Zoo Zürich, Monika Bader
Neu mit Netz
Angelehnt an die gleichnamige südamerikanische Sumpflandschaft entsteht im Zoo Zürich im Rahmen des Entwicklungsplans 2050 in den nächsten Jahren eine Grossvoliere, die das heutige Pantanal in einen Lebensraum für bedrohte Papageien, Krallenaffen, Tapire und Ameisenbären verwandelt.
Auf einer Fläche von rund 11'000 Quadratmetern und unter einem Netz von bis zu 35 Metern Höhe werden sich die verschiedenen Vogelarten frei bewegen können. Ausserdem haben dannzumal die Krähen keinen Zugang mehr zu den Eiern der Flamingos.

Die rosarote Färbung der Chileflamingos – hier aus einer etwas anderen Perspektive – stammt aus der Nahrung der Tiere. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini