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  • Lisztaffe im Zoo Zürich.

    Faszinierende Krallenaffen

    Ab 2028 werden sie sich in der Pantanal Voliere tummeln: Goldgelbes Löwenäffchen, Lisztaffe und Springtamarin. Die gefährdeten Krallenaffen sind aber bereits sichtbar: in ihrer neuen Innenanlage in der Forschungsstation.

    Zusammen mit der Forschungsstation haben wir auch die ersten Innenanlagen für die künftige Pantanal Voliere erstellt. Dort sind drei Krallenaffenarten eingezogen: der Springtamarin, das Goldgelbe Löwenäffchen und der Lisztaffe. 

    Alle drei Arten sind bedroht und Teil der Europäischen Erhaltungszuchtprogramme. Ab 2028 können die Zoogäste die flinken Primaten dann auch in der Pantanal Voliere beobachten.

    Video: Zoo Zürich, Nicole Schnyder

    Punkto Jöö-Effekt brauchen sich die Krallenaffen nicht zu verstecken: Während das eine Goldgelbe Löwenäffchen grazil sein Bein streckt, untersucht das andere dieses akribisch genau auf mögliche Parasiten. Auch wenn keine vorhanden sind, irgendeinen Krümel gibt es immer zu beseitigen. Und so schnellt der Kopf des pflegenden Äffchens von Zeit zu Zeit vor und pickt etwas aus dem Fell seines Partners. Ist alles sauber, wird getauscht. Nun muss der zuvor Gepflegte ran und der Pflegende wird untersucht. Minutenlang und mit grosser Hingabe widmen sich die Tiere dieser Prozedur.

    Goldgelbes Löwenäffchen im Zoo Zürich.

    Alles sauber: Goldgelbe Löwenäffchen pflegen sich in der Regel gegenseitig. Notfalls geht man aber auch selber zur Hand, resp. an den Fuss. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini

    Was auf uns herzig wirkt, erfüllt für Krallenaffen einen wichtigen Zweck. Das gegenseitige «Lausen» – auch Grooming genannt – stärkt und sichert die Verbundenheit innerhalb der Gruppe. 

    Pflegen, schützen, Futter teilen

    Krallenaffen sind sehr soziale Tiere. Sie leben meist in kleinen Familienverbänden zusammen. An deren Spitze steht in der Regel ein dominantes Weibchen. Sie ist die Einzige, die sich mit dem ranghöchsten Männchen oder manchmal auch wechselnden Partnern paart und fortpflanzt.

    Lisztaffe im Zoo Zürich.

    Snack mit Aussicht: Ein Lisztaffe gönnt sich im Geäst einen Mehlwurm. Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess

    Für die Aufzucht des Nachwuchses hingegen ist die gesamte Gruppe zuständig. Jeder leistet seinen Anteil und unterstützt. Die Hauptlast tragen die Väter, im wahrsten Sinne des Wortes. Vor allem sie sind jene, die die Jungtiere auf ihrem Rücken umhertragen, sie schützen und Futter mit ihnen teilen – etwas, was in dieser Intensität keine andere Affenart macht.

    Der Mutter wird der Nachwuchs meist nur zum Säugen gebracht. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, den Familienverbund zu leiten und zu lenken.

    Springtamarin im Zoo Zürich.

    Blickkontrolle: Ein Springtamarin begutachtet Futter in seiner Hand. Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess

    Erfolgreiche Wiederansiedlung

    In den 1960-er Jahren stand das Goldgelbe Löwenäffchen kurz vor der Ausrottung. Sein ursprüngliches Verbreitungsgebiet sind die Regenwälder entlang der Atlantikküste Brasiliens, die sogenannte Mata Atlântica. 98 Prozent dieser Wälder sind zerstört. Der verbliebene Rest ist in kleine Waldfragmente zerstückelt.  

    Um die Art zu retten, wurde 1974 das rund 50 Quadratkilometer grosse Reservat Poço-das-Antas in Brasilien unter Schutz gestellt. Etwa zeitgleich wurde ein Zuchtprogramm ins Leben gerufen, an dem zahlreiche Zoos aus den USA und Europa bis heute beteiligt sind, auch der Zoo Zürich. Ziel damals: der Wiederaufbau einer Population von etwa 2000 Tieren in einem mindestens 250 Quadratkilometer grossen, vernetzen Lebensraum bis 2025. Um dies zu erreichen, wurden zwischen 1984 und 2000 insgesamt 146 Tiere aus Zoos ausgewildert und weitere Schutzgebiete erstellt.

    Goldgelbes Löwenäffchen im Zoo Zürich.

    Fast verschwunden: In den 1960-er Jahren Stand das Goldgelbe Löwenäffchen kurz vor der Ausrottung. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini

    Heute leben schätzungsweise wieder rund 1500 Tiere in der Wildnis Brasiliens. Auch wenn die Rettung der Art vorläufig erfolgreich war, so gilt das Goldgelbe Löwenäffchen noch immer als stark bedroht. Der Verlust seines Lebensraums hält an. Und auch der Handel mit den Tieren ist immer noch ein Problem.

    Listzaffe im Zoo Zürich.

    Pianisten-Frisur: Der österreichisch-ungarische Pianist Franz Liszt stand Pate für den deutschen Trivialnamen des Krallenaffen. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini

    Es fehlt an Lebensraum

    Gleiches gilt auch für die beiden anderen im Zoo Zürich gehaltenen Krallenaffenarten. Auf der Roten Liste der gefährdeten Arten der Weltnaturschutzunion IUCN wird der Springtamarin als bedroht, der Lisztaffe gar als vom Aussterben bedroht geführt. Letzterer wurde in den 1960-er und 1970-er Jahren in grossen Mengen gefangen und als Labortier für die Forschung genutzt. Das ist heute verboten.  

    Die grösste Bedrohung für die Art ist heute der anhaltende Verlust ihres Lebensraums. Ihr Ursprungsgebiet sind die Wälder und das Buschland im Westen Kolumbiens. Auch wenn die Entwaldung in Kolumbien zuletzt rückläufig war – erstmals seit mehr als 20 Jahren –, bleibt der illegale Holzschlag ein Problem. Forschende gehen deshalb davon aus, dass die Bestände der Lisztaffen über drei Generationen hinweg, etwa bis Mitte der 2030-er Jahre, um 80 Prozent einbrechen werden.

    Springtamarin im Zoo Zürich.

    Dank ihrer langen Krallen sind die Krallenaffen jederzeit gut gesichert im Gäst des Regenwalds – sei es beim Ausruhen, sei es bei ihren teils waghalsigen Sprüngen und flinken Bewegungen. Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess

    Nomen est omen

    Seinen Namen verdankt der Lisztaffe seinem auffälligen Äusseren. Das Kopfhaar des Äffchens erinnert manche an die Frisur des österreichisch-ungarischen Pianisten Franz Liszt. Im englischen Sprachraum dagegen wird eher der Vergleich zur wilden Mähne Albert Einsteins gezogen. Dort heisst der Lisztaffe Cotton-Top, also Baumwoll-Kopf.

    Lisztaffe im Zoo Zürich.

    Critically Endangered: Der Lisztaffe ist gemäss der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN vom Aussterben bedroht und damit auf der höchsten Gefährdungsstufe. Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess

    Nomen est omen gilt auch beim Springtamarin. Unter den drei Krallenaffenarten besitzt er die grösste Sprungkraft. Bis zu vier Meter schafft er. Und das bei einer Körpergrösse von gerade einmal 22 Zentimetern.

    Erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde der Springtamarin 1904 vom Schweizer Zoologen Emil August Goeldi. Sein wissenschaftlicher Name ist deshalb Callimico Goeldii.

    Springtamarine im Zoo Zürich.

    Krallenaffen sind sehr soziale Tiere: Sie leben in kleinen Familienverbänden zusammen und kümmern sich gemeinsam um den Nachwuchs. Foto: Zoo Zürich, Fabio Süess

    Die Art wurde erst relativ spät entdeckt, da sie in der Natur sehr zurückgezogen und in eher kleinen Gruppen lebt, die sich kaum je begegnen. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich bis in den äussersten Westen Brasiliens, den Süden Kolumbiens, über Peru bis nach Bolivien.

    Auch dem Springtamarin droht nach Ansicht von Fachleuten ein Rückgang der Bestände. Mit erwarteten 30 Prozent bis etwa 2035 sind sie weniger dramatisch als beim Lisztaffen, dürften aber dazu führen, dass er auf der Roten Liste künftig in eine höhere Gefährdungsstufe rutscht. Wie für das Goldgelbe Löwenäffchen bestehen auch für den Lisztaffen und den Springtamarin Europäische Erhaltungszuchtprogramme EEP, an denen sich der Zoo Zürich beteiligt und damit zum Schutz der Arten beträgt.