Die seltene Farbe des Blauen Baumwarans
Seine blaue Hautfarbe ist eine optische Täuschung – und bei Wilderern begehrt. Das bringt den Blauen Baumwaran in arge Bedrängnis. Wir berichten, wie das Reptil zu seiner Farbe kommt und wie es um die Art in der Natur steht.
Die Farbe Blau kommt in der Natur nur selten vor. Schmückt sich ein Tier ausnahmsweise doch damit, stecken meist ausgeklügelte Technik und angewandte Physik dahinter. Das ist auch beim Blauen Baumwaran so.
Mit einer Länge von bis zu 112 Zentimetern ist das Reptil der grösste Vertreter blau gewandeter Tiere bei uns im Zoo. Derzeit halten wir zwei Weibchen und drei Männchen dieser Art. Ihre leuchtend blaue Färbung basiert dabei auf einem physikalischen Trick.
Video: Zoo Zürich, Nicole Schnyder
Pigment vs. Strukturfarbe
Blau 🔵 ist eine von drei Primärfarben. Gelb 🟡 und Rot 🔴 sind die beiden anderen. Im Gegensatz zu Blau sind Gelb und Rot in der Natur weit verbreitet.
In der Regel werden Farben durch Pigmente erzeugt. Carotinoide, wie sie etwa viele Pflanzen bilden, sind wohl die bekanntesten Pigmente oder Farbstoffe der Natur. Dank ihnen sind Rüebli oder Kürbisse orange.
Blau dagegen kommt als natürlicher Farbstoff, also als Pigment, in der Natur kaum vor. Es gibt zwar ein paar Pflanzen, die blaue Pigmente bilden – die meisten Tiere hingegen nutzen einen Trick, um blau zu erscheinen. So nutzt der Blaue Baumwaran keine Pigmentfarbe, die tatsächlich färbt, sondern Strukturfarbe.
Alles nur ein Trick: Die schöne Farbe des Blauen Baumwaran entsteht durch eine optische Täuschung. Foto: Zoo Zürich, Albert Schmidmeister
Optische Illusion
Strukturfarbe entsteht durch die Reflexion von Licht an einer meist durchsichtigen Struktur. Das hat mit den verschiedenen Wellenlängen von Licht zu tun.
Sonnenlicht ist weiss, besteht aber aus unterschiedlich langwelligen Lichtstrahlen in unterschiedlichen Farben. Wird das Licht gebrochen, also reflektiert, können wir diese Farben sehen. So entsteht bei Regen zum Beispiel der bunte Regenbogen.
Der Trick blauer Tiere besteht nun darin, nur kurzwellige Lichtstrahlen im blauen Farbspektrum zu reflektieren. Das gelingt durch winzige Nanostrukturen in den Hautzellen, Federn oder – wie beim Waran – in den Schuppen des Tieres. Ausser den kurzwelligen blauen Lichtstrahlen absorbieren die Strukturen alle anderen Lichtstrahlen. Oder sie reflektieren sie so, dass sie sich gegenseitig aufheben.
Hinter der blauen Färbung im Tierreich steckt also oft Physik.
Greifwerkzeug: Der Blaue Baumwaran hat einen langen, beweglichen Schwanz. Diesen nutzt er unter anderem, um sich im Geäst festzuhalten. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Tarnung und ...
In der Natur haben Farben meist zwei Aufgaben: Sie dienen entweder der Tarnung und/oder der Kommunikation. Der Blaue Baumwaran scheint seine blaue Färbung für beides zu nutzen.
Je nach Lichteinfall und Schattenwurf lässt die gefleckte Musterung aus Blau und Schwarz das Reptil in seinem Lebensraum fast verschwinden. Sie sorgt also für eine ideale Tarnung im dichten und dunklen Geäst von Büschen und Bäumen.
... Kommunikation (?)
Die Farbe könnte aber auch der Kommunikation dienen. Denn Blaue Baumwarane sind nicht immer gleich blau: Die Intensität der Färbung variiert. Dies könnte mit dem Paarungs- und Balzverhalten der Tiere zu tun haben. Bislang fehlen allerdings konkrete wissenschaftliche Studien, um dies eindeutig zu belegen.
Die Forschung ist, wie der Artenschutz, eine der Hauptaufgaben des Zoo Zürich. Mit der Haltung und Zucht tragen wir dazu bei, Wissen über den Blauen Baumwaran zu sammeln – und so hoffentlich einst auch die Vermutung zur Funktion seiner Farbe zu einem geprüften Fakt zu erhärten.
Grossmaul? Ein Blauer Baumwaran im Zoo Zürich. Foto: Zoo Zürich, Albert Schmidmeister
Einmal Obwalden
Der Blaue Baumwaran wurde erst 2001 entdeckt und wissenschaftlich beschrieben. Sein Verbreitungsgebiet ist äusserst klein. Er kommt ausschliesslich auf der indonesischen Insel Batanta vor. Diese liegt in Westpapua und ist nur ungefähr so gross wie der Kanton Obwalden – 61 Kilometer lang und 13 Kilometer breit.
Der Blaue Baumwaran hat damit das kleinste Verbreitungsgebiet aller Warane. Das macht ihn anfällig für Bedrohungen.
Die wohl grösste davon ist der illegale Tierhandel. Die Weltnaturschutzunion IUCN führt den Blauen Baumwaran auf auf der Roten Liste der gefährdeten Arten als stark bedroht. Wie viele Tiere der Art noch in der Wildnis leben, ist nicht geklärt; es gibt nur wenige Meldungen zu Sichtungen und noch weniger verlässliche Daten.
Doppelpack: Zwei junge Blaue Baumwarane. Foto: Zoo Zürich, Enzo Franchini
Auf Bäumen zuhause
Wie alle der derzeit rund achtzig bekannten Waran-Arten ist der Blaue Baumwaran tagaktiv, äusserst agil und kräftig. Sein Leben spielt sich in Bäumen ab. Er ist ein sehr guter Kletterer mit langen Krallen und einem langen, beweglichen Schwanz. Diesen nutzt er als zusätzliches Greifwerkzeug. Grössere Distanzen im Geäst überwindet er durch gezielte Sprünge.
Die Art ist wenig erforscht. Das vorhandene Wissen über den Blauen Baumwaran und sein Fortpflanzungsverhalten stammt vor allem aus der Terrarienhaltung. Deswegen sind die bisher vermeldeten Nachzuchten – im Zoo Zürich erstmals 2011 – bereits ein grosser Erfolg. Insgesamt sind bisher 40 Tiere der Art im Zoo geschlüpft.
Begehrtes Blau: Seine Farbe macht den Blauen Baumwaran zu einem begehrten Tier im illegalen Wildtierhandel. In der Natur ist die Art deshalb stark gefährdet. Foto: Zoo Zürich, Albert Schmidmeister
Noch mehr blau
Bei uns im Zoo leben derzeit neun Tierarten, die das Wort Blau im Namen tragen. Mindestens acht weitere könnten es: Auch ihr Äusseres wird durch die auffällige Farbe dominiert.
- Blauer Baumwaran
- Blauer Bambus-Taggecko
- Türkisblauer Zwerggecko
- Pantherchamäleon
- Blauer Pfau
- Andamanen-Demoiselle
- Gelbschwanz-Demoiselle
- Blauer Segelflossen-Doktorfisch
- Neonfüsilier
- Schmuck-Junker
- Blaupunktrochen
- Blaustreifen-Putzerlippfisch
- Paletten-Doktorfisch
- Weisskehldoktor
- Hyazinthara (aktuell nur im Hintergrund, künftig Pantanal Voliere)