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  • Sumatra-Orang-Utan Mimpi im Zoo Zürich.

    Medien-Apéro August: Lernen und Lehren im Tierreich

    Wenn Tiere zur Schule gehen: lernen und lehren im Tierreich. Passend zum Schulbeginn schauen wir uns an, wie Tiere lernen und lehren. Je nach Art, Umwelt und Sozialstruktur lernen Jungtiere durch eigene Erfahrung oder können sich wichtige Verhaltensweisen von ihren Artgenossen abschauen.

    Um die Herausforderungen des Alltags zu meistern, müssen Tierkinder lernen, wie man Futter findet, sich gegenüber Artgenossen verhält oder auch wie man Raubtieren aus dem Weg gehen kann, respektive wie man Beute jagt. Während einige Tiere von Geburt an allein auf sich gestellt sind, müssen sich andere über Jahre hinweg auf ihre Unabhängigkeit vorbereiten.

    Individuelles lernen: Die Schildkröte

    Auf sich allein gestellte Jungtiere, wie zum Beispiel Schildkrötenbabys, müssen sich auf ihre Instinkte und ihre Erfahrung verlassen. Junge Schildkröten lernen, wo es gutes Futter gibt, indem sie per Zufall auf den Ort stossen. Dieses Lernen, auch individuelles Lernen genannt, ist eine der einfachsten Arten, wie Individuen von ihrer Umgebung lernen können. Umgangssprachlich wird es häufig auch Lernen durch Versuch und Irrtum genannt. 

    Neben dem individuellen Lernen können einzelgängerisch lebende Tiere jedoch auch von anderen Individuen lernen (soziales Lernen). Beobachtet eine Schildkröte eine Artgenossin beim korrekten Umgehen eines Hindernisses, ist es wahrscheinlicher, dass sie im Anschluss auch den richtigen Weg nimmt. Soziales Lernen von anderen Artgenossen erlaubt es einem Individuum, das langwierigere Lernen durch eigene Erfahrung zu umgehen. Einzelgängerischen Arten wie Schildkröten, die wenig Kontakt zu Artgenossen haben, bieten sich insgesamt aber wenig Möglichkeiten für soziales Lernen. Die besten Voraussetzungen für soziales Lernen haben Individuen sozial lebender Arten, die durch die Nähe zu Artgenossen von deren Erfahrungen profitieren können.

    Soziales Lernen: Der Orang-Utan

    Soziales Lernen ist am ausgeprägtesten in Arten, in denen Jungtiere komplexe Zusammenhänge in der Umgebung, soziale Strukturen oder handwerkliche Fertigkeiten lernen müssen. Um zu lernen, welche Früchte geniessbar sind, muss zum Beispiel ein junger Orang-Utan seine Mutter bei der Nahrungssuche intensiv beobachten. Nur so lernt er, welche Früchte geniessbar sind, wo sie wachsen und um welche Jahreszeit diese reif sind. Früchte, die von der Mutter verschmäht werden, ignoriert auch das Jungtier. 

    Neben der korrekten Auswahl der Futterpflanzen müssen junge Orang-Utans noch andere, handwerklich anspruchsvolle Verhaltensweisen lernen. So bauen Oran-Utans jeden Abend ein Schlafnest für die Nacht. Die Konstruktion dieser Nester ist anspruchsvoll und es braucht Jahre, bis dieses Handwerk perfektioniert ist. Schon mit einem Jahr fangen die Jungtiere an, Äste zu beugen, um ein Nest zu bauen. -Aber erst nach etwa sechs Jahren haben sie die Fertigkeit so weit gebracht, dass ein Übernachten im eigenen Nest möglich ist. Während der Lernphase schaut das Jungtier immer wieder der Mutter beim Nestbau zu und versucht es dann selbst wieder.

    Das Lernen durch Beobachten ist im Tierreich häufig, wobei die Komplexität der Verhaltensweisen sehr unterschiedlich sein kann. Bei Orang-Utans beobachten Jungtiere die Mutter länger und intensiver, je komplexer ihr Verhalten ist. Mit zunehmendem Alter interessieren sich die Jungtiere auch vermehrt für das Verhalten anderer Artgenossen. Von diesen können sie Verhaltensweisen lernen, die die eigene Mutter nicht zeigt. Auf diese Weise können gewisse Verhaltensweisen innerhalb einer Population verbreiten werden. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Gebrauch von Werkzeugen, um an gewisse Nahrung zu gelangen. Werden solche Verhaltensweisen über soziales Lernen von Generation zu Generation weitergegeben, spricht man von Kultur. 

    Lernen ja, aber auch lehren?

    Aktives Lehren, also die Weitergabe spezifischer Verhaltensweisen durch Instruktionen mit der bewussten Absicht, diese weiterzugeben, ist im Tierreich bis jetzt nur äusserst selten beobachtet worden. Gewisse Ameisen zeigen klare Anzeichen dafür, dass sie lehren. So nimmt eine Ameise, die von einer Nahrungsquelle weiss, nicht den direkten Weg zu dieser, wenn sie von einer anderen Ameise begleitet wird. Stattdessen läuft sie spezifisch an leicht einzuprägenden Orientierungspunkten vorbei, damit die Begleiterin sich diese einprägen kann. Erst wenn sich die Begleiterin diese eingeprägt hat und der Führerin mit den Fühlern ein Signal gegeben hat, läuft diese weiter Richtung Futter.

    Auch wenn das Lehren im engeren Sinn noch nicht häufig beobachtet worden ist, geht man davon aus, dass es viel weiter verbreitet ist als bisher angenommen. Im Vergleich zum Menschen mit seinem komplexen Schulsystem und einer jahrelangen Ausbildung hin zu einer professionalisierten Arbeit ist das Lernen und Lehren im Tierreich nach heutigem Wissen jedoch immer noch rudimentär.

    BILDER

    Bilder unter Quellenangabe zur redaktionellen Berichterstattung über den Zoo Zürich freigegeben.

    Sumatra-Orang-Utan Mimpi im Zoo Zürich.

    Sumatra-Orang-Utan Mimpi. Junge Orang-Utans gehören zu jenen Tieren, die viele Jahre lang von der Mutter lernen.
    Copyright: Zoo Zürich, Enzo Franchini

    Sumatra-Orang-Utan Cahaya mit Jungtieren Riang und Utu im Zoo Zürich.

    Sumatra-Orang-Utan Cahaya mit ihren Jungtieren Riang und Utu.
    Copyright: Zoo Zürich, Enzo Franchini

    Galapagos-Riesenschildkröte beim Schlüpfen im Zoo Zürich.

    Galapagos-Riesenschildkröte beim Schlüpfen. Schildkröten sind vom ersten Tag ihres Lebens auf sich alleine gestellt.
    Copyright: Zoo Zürich, Samuel Furrer

    Junge Galapagos-Riesenschildkröte im Zoo Zürich.

    Junge Galapagos-Riesenschildkröte.
    Copyright: Zoo Zürich, Corinne Invernizzi

    VIDEOS

    Videos unter Quellenangabe zur redaktionellen Berichterstattung über den Zoo Zürich freigegeben.

    Die kleine Utu klettert

    Video: Zoo Zürich, Nicole Cathomen | Nicole Schnyder

    Menschenaffen-Playlist