Direkt zum Inhalt
  • Junger Dschelada im Zoo Zürich.
    Dschelada mit Jungtier im Zoo Zürich.
    Dscheladas im Zoo Zürich.
    Junger Dschelada im Zoo Zürich.

    Medien-Apéro Oktober: Dscheladas

    Sieben Zwerge so quasi als «Geschenk» zum 10-Jahr-Jubiläum – der vor zwei Jahren erfolgte Austausch der Männchen trägt Früchte: im 2008 eröffneten Afrikanischen Semien Gebirge tummeln sich sieben junge Dscheladas.

    Vor zehn Jahren wurde das Afrikanische Gebirge für Dscheladas, Nubische Steinböcke, Klippschliefer und Blauflügelgänse eröffnet. Allerdings herrschten bei der Eröffnung nicht sommerliche Bedingungen. Über Nacht hatte es geschneit, und zwanzig Zentimeter Neuschnee gaben der Anlage ein winterliches Gepräge. Die Dscheladas – keine Freunde der Schneepracht - waren nur schwerlich zu motivieren, ihre Stallungen zu verlassen. Da behagen den Dscheladasdie milden Temperaturen der vergangenen Wochen deutlich besser. Anlass für diesen Medien-Apéro ist aber weniger dieses 10-Jahr-Jubiläum, als vielmehr der Umstand, dass sich aktuell sieben junge Dscheladas auf der Anlage tummeln.

    Männerrotation

    Dscheladas leben in einer komplexen Sozialstruktur, die dynamischen Gruppenprozessen unterworfen ist. Sie sind in Harems organisiert. Diese setzen sich aus einem erwachsenen Männchen als Haremsführer und 3 bis 20, in der Regel untereinander verwandten, Weibchen mit ihren Jungen zusammen. Mehrere Haremsgruppen und Junggesellengruppen – Männchen ohne eigenen Harem – können sich zu mehrhundertköpfigen Herden zusammenschliessen.
    Haremsführer können im Freiland ihre Position etwa fünf bis sechs Jahre lang halten – das ist auch das Alter, in dem ihre Töchter die Geschlechtsreife erlangen. Sie werden dann in zum Teil heftigen Auseinandersetzungen von anderen Männchen aus ihrer Position gedrängt. Dieser Austausch der Haremsführer wird unter Zoobedingungen kontrolliert durchgeführt: Abgabe der Haremsführer an andere Institutionen, Zufügen geeigneter neuer Männchen aus anderen Gruppen.

    Ein solcher Männchentausch fand in der Zürcher Gruppe zuletzt 2016 statt. Vier Männchen leicht unterschiedlichen Alters kamen nach Zürich: Dula (*2010) und Elloi (*2011) aus dem Zoo von Edinburgh sowie Matuko (*4.2012) und Maliik (*11.2012) aus dem französischen Zoo Cerza. 
    Elloi hat eine Gruppe von acht Weibchen übernommen. Diese Gruppe ist wohl stabil, aber bisher sind hier aus unbekannten Gründen keine Jungtiere geboren worden. Dula, das älteste der neuen Männchen, führt den grossen «Rest». Dazu gehören auch die beiden neuen Männchen aus Frankreich, die mal mit der Gruppe mitgehen, mal zu zweit unterwegs sind. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis diese Männchen versuchen werden, einen eigenen Harem zu etablieren.

    Fruchtbare Zustände

    Im Herbst 2017 wurden in der Gruppe von Dula drei Jungtiere geboren, die ersten nach dem Männchenwechsel. Ein Zeichen, dass sich die neue Situation stabilisiert hat. Eines dieser Jungtiere verstarb im Alter von zwei Monaten.
    Dieses Jahr sind nun zwischen dem 27. Mai und dem 9. September gleich sieben Jungtiere auf die Welt gekommen. Auch wenn alle ihre Mütter dem Harem von Dula angehören, ist es nicht zu 100% sicher, dass Dula auch ihr Vater ist. Die Gruppe ist sehr gross und nicht einfach zu überblicken, und es hat weitere Männchen dabei, die sich bietende Gelegenheit wohl nicht zwingend auslassen …

    Ansteckende Freude

    Viel Zeit verbringen diese Jungtiere, die zum Teil noch ihr schwarzes «Babykleid» tragen, mit ausgelassenem Spiel. Wobei dieses Spiel nicht nur Ausdruck ist von unbändiger Lebenslust. Jeder Stein, jede Felswand wird mit einer Leichtigkeit beklettert und mit spektakulären Absprüngen wieder verlassen. Saltos, Purzelbäume und wilde Verfolgungsjagden wechseln sich ab mit freundschaftlichem Gerangel. Man erhält den Eindruck, dass der Umgang mit Fels, das Klettern und Runterspringen, eine absolute Selbstverständlichkeit darstellt. Das macht auch Sinn, liegen doch die Schlafplätze der Dscheladas in schroffen, steilen und mehrere Hundert Meter abfallenden Felsen. Hier finden sie nachts Schutz vor Leoparden. Und hier ist ein geübter Umgang mit diesen Strukturen und eine «Trittsicherheit» überlebenswichtig und kann nicht früh genug erworben werden. Was als Spielfreude wahrgenommen wird, ist zugleich ernsthaftes Überlebenstraining.
    Zwischendurch unterbrechen die Mütter ihre Futtersuche, holen ihr Jungtier zu sich, halten es für einen Moment, um es bei sich zu behalten, am Schwanz fest. Doch schnell finden sich wieder zwei oder drei der Zwerge zu einer Spielgemeinschaft zusammen. Wenn die Mütter weiterziehen, spurten die Jungtiere hinterher, springen ihren Müttern auf den Rücken und reiten mit. Um beim nächsten Halt sogleich die «Arbeit» wieder aufzunehmen.

    Grosser Bestand dieser Gebirgsbewohner auf dem Zürichberg

    Der Dscheladabestand des Zoo Zürich umfasst aktuell 39 Tiere, 14 Männchen, 24 Weibchen und ein Jungtier noch unbekannten Geschlechts (von den anderen Jungtieren sind drei männlich und drei weiblich). Seit 1955 gehören Dscheladas zum Tierbestand des Zoo Zürich. 135 Jungtiere sind bis anhin hier zur Welt gekommen.
    Von den rund 380 in Zoos betreuten Dscheladas (10% in Zürich!) leben 23 in den USA, alle anderen in Europa. Die knapp 30 Halter dieser Tiere sind in einem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm EEP zusammengefasst (da gehören auch die drei Institutionen in den USA dazu), das vom NaturZoo Rheine (D) aus koordiniert wird.
    Dscheladas oder Blutbrustpaviane sind Gebirgsbewohner. Ihre Heimat liegt im äthiopischen Hochland in Höhenlagen von 1400 bis gegen 5000 Meter über Meer.