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  • Kap-Klippschliefer im Zoo Zürich.
    Junger Kap-Klippschliefer im Zoo Zürich.
    Junger Kap-Klippschliefer im Zoo Zürich.
    Kap-Klippschliefer im Zoo Zürich.
    Junge Kap-Klippschliefer im Zoo Zürich.

    Medien-Apéro Juli: Kap-Klippschliefer

    Die behände Leichtigkeit bei der Fortbewegung im Fels: agile junge Kap-Klippschliefer im afrikanischen Semien Gebirge.

    Klippschliefer ist nicht gerade ein Tiername, der klare Vorstellungen auslöst. Vom Erscheinungsbild her wird das Tier am ehesten mit einem Nagetier assoziiert – mit einem Murmeltier etwa. Oder – und das geschah in der Wissenschaft um 1780 – es wird in die Nähe der Meerschweinchen gestellt und daraus ein entsprechender Familienname abgeleitet: Procaviidae (Cavia ist der Gattungsname des Meerschweinchens). Etwas später kam als weitere wissenschaftliche Bezeichnung Hyrax hinzu, abgeleitet vom Griechischen für «Spitzmaus».

    Eine etwas spezielle Verwandtschaft

    Die Schliefer bilden systematisch eine eigene Ordnung und umfassen rezent die drei Gattungen der Klipp-, Baum- und Buschschliefer. Ihre verwandtschaftliche Nachbarschaft, abgeleitet von morphologischen Eigenheiten und Merkmalen fossiler Arten und bestätigt durch genetische Untersuchungen, ist etwas verblüffend: Es sind dies Elefanten und Seekühe. Diese drei Ordnungen werden zur Gruppe der Paenungulata («Beinahe-Huftiere») zusammengefasst. Und wenn wir den Kreis der Verwandtschaft noch etwas weiter ziehen, rücken Erdferkel (Röhrenzähner), Tenrekartige und Rüsselspringer in die Nähe. Eine wahrlich illustre Gesellschaft!

    Die sechs genannten Ordnungen bilden die Überordnung Afrotheria, eine Gruppe von in Afrika entstandenen Arten. Ausser dem Asiatischen Elefanten und den Seekühen haben die heutigen Vertreter dieser Gruppe ihre Verbreitung immer noch in Afrika.

    Unterschiedliche Lebensräume, aber felsig muss es sein

    Klippschliefer besiedeln Afrika im Süden und in einem Band zwischen dem Kongobecken und nördlich der Sahara sowie im Nordosten. Zudem kommen sie insbesondere in Küstenregionen Arabiens vor. Einige Autoren ordnen die Tiere dieses grossen Verbreitungsgebietes einer Art zu, wobei nicht weniger als siebzehn Unterarten beschrieben wurden. Andere Autoren unterteilen den Bestand in mehrere Arten.

    Die Klippschliefer besiedeln ganz unterschiedliche Lebensräume – von trockener Wüste bis Regenwald – und Höhenlagen – vom Meeresspiegel bis zu afroalpinen Zonen auf 4000 bis 4200 m ü.M. am Mount Kenya. Allen genutzten Lebensräumen gemeinsam ist das Vorhandensein von Felspartien oder Geröllhalden. Spalten und Höhlen bieten den Tieren Unterschlupf und Schutz vor extremen klimatischen Bedingungen.

    Das kurze und dichte Fell der Klippschliefer ist schwarzbraun bis sandfarben. Auf der Rückenmitte befindet sich eine Drüse, die kranzförmig von aufrichtbaren Haaren umgeben ist. Das Drüsensekret dient der individuellen Unterscheidung und vermittelt Informationen über den Status des Individuums. Der Körperbau ist insgesamt gedrungen, die Gliedmassen sind kurz. Die Vorderbeine haben vier, die Hinterbeine drei Zehen. Diese sind – mit Ausnahme der inneren Hinterzehe, die eine lange Putzkralle trägt – mit flachen Nägeln versehen. Die nackten und gummiartigen Fusssohlen haben zahlreiche Schweissdrüsen. Sie verleihen den Schliefern ausgezeichnete Klettereigenschaften sowohl im Fels wie auch auf Bäumen. Das mittlere Körpergewicht bewegt sich um zweieinhalb bis drei Kilogramm.

    Spezielle Zähne und eine effiziente Verdauung

    Die oberen beiden eckzahnähnlichen Schneidezähne, die auch bei geschlossenem Maul sichtbar sind, wachsen zeitlebens. Beim Männchen haben sie einen dreieckigen Querschnitt, beim Weibchen einen runden. Klippschliefer sind Pflanzenfresser und ernähren sich vorwiegend von Gräsern und Kräutern, gelegentlich auch von Laub. Ihre Nahrung beissen sie mit den Backenzähnen ab. Der Unterkiefer ist massiv, hier setzt auch eine kräftige Kaumuskulatur an. Der pflanzliche Nahrungsbrei wird an drei unterschiedlichen Stellen des Verdauungssystems durch Bakterien zersetzt: im Vormagen, im Blinddarm und in paarigen Anhängen des Dickdarms. Kot und Urin setzen die Klippschliefer in Latrinen ab. Das auskristallisierende Kalziumkarbonat des Urins kann solche Stellen weithin sichtbar weiss färben.

    Hohe Investition in den Nachwuchs

    Klippschliefer haben eine streng saisonale Fortpflanzung. Zur Paarungszeit vergrössern sich die im Körperinnern liegenden Hoden der Männchen um bis das Zwanzigfache. Aggressiv werden andere Männchen vom Territorium vertrieben und ferngehalten. Nach einer für die Grösse des Tieres sehr langen Tragzeit von rund 225 Tagen kommen 2 bis 4 Jungtiere zur Welt. Ihr Geburtsgewicht liegt etwa zwischen 180 und 250 Gramm. Als Nestflüchter sind sie schon kurz nach der Geburt sehr mobil. Das Weibchen hat drei Zitzenpaare, jede Zitze ist fest einem Jungtier zugeordnet. Schon im Alter von wenigen Tagen beginnen die Jungen, feste Nahrung zu sich zu nehmen. Mit etwa drei Monaten werden sie entwöhnt, ihre Geschlechtsreife erreichen sie mit sechszehn bis siebzehn Monaten.

    Gesellige Tiere

    Klippschliefer sind tagaktiv und leben in Kolonien. Territoriale Männchen verteidigen einen felsigen Bereich, der sich etwa mit dem Streifgebiet einer untereinander verwandten Gruppe von etwa drei bis sieben adulten Weibchen deckt. Weitere Männchen leben peripher als Einzelgänger. Junge Männchen wandern entweder im Alter von 16 bis 24 Monaten oder dann spätestens vor Erreichen von 30 Monaten aus.Während der Nahrungssuche hält meist ein Mitglied der Kolonie Ausschau nach möglichen Gefahrenquellen. Insbesondere Adler machen Jagd auf Klippschliefer, aber auch Löwen, Leoparden, Schakale oder Schlangen. Mit Rufen werden die Artgenossen auf Gefahren aufmerksam gemacht. Da auswandernde Tiere oft offenes Gelände durchqueren müssen, sind sie einem erhöhten Räuberdruck ausgesetzt.

    Klippschliefer im Zoo Zürich

    Der Zoo Zürich zeigte Klippschliefer erstmals in den Jahren 1954 bis 1958. 1971, bei der Eröffnung des Elefantenhauses, zogen sie dort als Verwandte der Rüsseltiere auch ein. Diese Haltung dauerte bis 1993. 2007 kamen erneut Tiere nach Zürich, um ab 2008 das afrikanische Semien Gebirge zu besiedeln, zusammen mit Dscheladas, Nubischen Steinböcken und Blauflügelgänsen.

    Das aktuelle Klippschliefer-Paar stammt aus England. Das Männchen kam 2015 aus dem Chester Zoo nach Zürich, das Weibchen folgte 2017 aus Edinburgh. Am 10. Juni dieses Jahres kamen nun drei Jungtiere zur Welt. Ein Jungtier verstarb Ende Juni. Die verbleibenden beiden Jungen – ein Pärchen, wie sich vor ein paar Tagen herausstellte – bewegen sich schon sehr selbständig in der Anlage, erkunden spielerisch Spalten und Höhlen und verschieben sich agil und wieselflink. Es ist eher selten, dass sich die ganze Familie am gleichen Ort aufhält.

    Zurück zum Anfang. Eine Kurzbeschreibung des Klippschliefers: Ein kleiner Pflanzenfresser mit Stosszahn-ähnlichen Schneidezähnen, kleinen Hufen, Schweissfüssen und einer mit Elefanten und Seekühen illustren Verwandtschaft.